Freitag, 9. Mai 2008

Die NASSCOM und das Freiburger Medienforum

Wussten Sie eigentlich, daß ihre Programmierfirma in Indien keine Steuern zahlt? Ganz legal – der sogenannte Tax Holiday für die indischen Softwareexporteure gilt seit April 2000. Aktuell wird er um ein Jahr verlängert, sonst wäre er nächsten März ausgelaufen. Die Nasscom, Speerspitze der indischen Software-Lobby, hat also offenbar ihren Job gemacht. Wo man sich angesichts gesperrter US-Arbeitsvisa noch in liberaler Rhetorik für Reisefreiheit und unbehinderte Wertschöpfung stark machte, will man nun mit der Steuerpolitik die eigene Softwarebranche vor der Konkurrenz aus Vietnam und den Philippinen schützen. Dort gelten natürlich ähnliche Steuerprogramme, und ob das alles wirklich sinnvoll ist, darf bezweifelt werden. Jeder Volkswirt hat einmal gelernt, daß Steuern immer zu Wohlfahrtsverlusten führen. Som Mittal, Chef der Nasscom, meint dazu allen Ernstes, man müsse den IT-Exporteuren schließlich ein wenig Zeit geben, sich an die verschärften Marktbedingungen des schwachen Dollars und der Rupee-Aufwertung anzupassen. Das ist Jammern auf hohem Niveau: Der indische IT-Markt ist im vergangenen Jahr um 33% gewachsen. Da muss man im Export (nur 28% Wachstum!) schonmal nachhelfen.

Das Ottawa Business Journal beschreibt die Entwicklung in Indien in seinem Beitrag "Eastern promises..." kritisch: Das indische Personalwesen mit seinen steilen Hierarchien basiert auf raschen Beförderungen. Die Karriereleiter vom Entwickler zum Teamlead, weiter zum Manager und zum "Solution Architect" muss innert weniger Jahre erklommen werden. Wenn jemand auch nur für kurze Zeit auf einer Stufe verweilt, kann er in den Augen seiner Kollegen schnell Schaden nehmen – in einer beziehungsgesteuerten Gesellschaft wie der indischen noch eher als in der westlichen Welt. Das führt dazu, dass immer mehr Häuptlinge über immer weniger Ind(ian)er gebieten – der Kampf um Entwickler auf dem Einstiegslevel ist inzwischen so heftig, dass Arbeit bereits nach China weiter out-ge-sourced (oder heisst es ge-out-sourced?) wird. Osteuropa wird als Alternative angeführt, Rumänien beispielsweise, oder eben die Ukraine. Aber das wissen die Leser dieses Blogs ja eh schon (Siehe hier).


Anderes Land, anderer Branchenverband, anderer Markt: Wenn die IT-Absolventen der Exzellenz-Uni Freiburg sich nach ihrer Ausbildung nach einem Job umsehen, haben sie, so die lokale Befürchtung, die Fernbrille auf. Der nächste Arbeitgeber liegt aber nicht in Walldorf, sondern unter Umständen in der direkten Nachbarschaft zur Universität: Freiburg hat eine lebendige Technologieszene; bekannte Größen wie United Planet oder Lexware werden flankiert von Nischenanbietern wie dem ÖPNV-Spezialisten highQ oder den Excel-Profis von Jedox. Genug Softwarepower, um auch anspruchsvolle Exzellenz-Absolventen anzuziehen. Die Fachgruppe Software des regionalen Business-Netzwerks "Medienforum Freiburg" hat es sich aktuell zur Aufgabe gemacht, den Absolventen die Einsicht zu vermitteln, daß der Standort Freiburg sich nicht nur zum Studieren und Feiern, sondern auch zum Arbeiten und Feiern eignet. Zunächst wird sich die Fachgruppe nun insbesondere beim Sommerfest der Informatiker einbringen und dieses nicht nur finanziell sondern auch informativ unterstützen – beim Feiern ist der Erkenntnisgewinn über die Standortvorteile Freiburgs als Arbeitsplatz dann hoffentlich hinreichend hoch.