Samstag, 15. März 2008

Wir rufen immer wieder an ! (Bis unser Job nach Indien wandert)

Und schon wieder klingelt das Handy, Anrufer anonym, Grüß Gott, der T-Mobile-Geschäftskundenservice, ob ich einen Augenblick Zeit hätte. Nein, sage ich, wie immer, ich wünsche keinerlei Anrufe. Och Gott, verlassen Sie sich drauf, wir rufen Sie immer wieder an, sagt die Stimme am anderen Ende und legt auf. Allen Ernstes. Gestern abend, um halb sechs. Ich bin daraufhin, und das passiert mir wirklich nicht oft, sprachlos. (Nun gut, es wäre ja auch keiner mehr in der Leitung gewesen, um mir zuzuhören.)

Nicht zu fassen, oder ? Was mir dabei wirklich rätselhaft ist: Welchen Antrieb hat ein Callcentermitarbeiter, so etwas zu sagen? Es geht ja gar nicht darum, ob der Anruf nun legitim oder nur legal war. Es stört mich jedesmal, ich sage das auch jedesmal, aber offenbar gibt es im CRM-System von T-Mobile keinen Vermerk „dieser seit 10 Jahren treue Kunde wünscht keine Werbe-Anrufe“. Es geht darum, daß T-Mobile offenbar seineMitarbeiter im Callcenter nicht im Griff hat. Oder findet sie einfach keine qualifizierten (oder qualifizierbaren) Leute, die den Job zu seinen Bedingungen erledigen ? Da haben die Callcenter-Mitarbeiter aber enormes Glück, daß in den großen Offshore-Destinationen noch eher mässig Deutsch gesprochen wird. Sonst wäre nämlich bspw. ein indischer Anbieter am Zug, mit knallharten Qualitätskontrollen und einer Mannschaft, für die der Job im Callcenter eine echte Karriere ist. Die sich in ihren Job reinhängen und die wissen, daß jeder einzelne schlechte Eindruck, den der Kunde erhält, direkt auf den Auftraggeber zurückfällt, und damit auf den Callcenter-Dienstleister. Wer erfährt einen Nachteil, wenn in Zukunft das T-Mobile-Callcenter in Indien steht? Die unqualifizierten (oder unqualifizierbaren) Mitarbeiter in Deutschland. Wer profitiert ? Die Kunden. Die sind übrigens die, die das Ganze bezahlen. Hatte mein Callcenteragent wohl gerade vergessen, aber er ruft ja wieder an.

Unter anderem die Schilderungen der Callcenterbranche machen das Buch "The world is flat" von Thomas Friedman empfehlenswert. Friedman ist Kolumnist der New York Times und dreifacher Pulitzerpreisträger. Sein Buch über die Globalisierung ist kenntnisreich und spannend: eine Globalisierungs-Pflichtlektüre, wenn auch nicht uneingeschränkt nachbetbar. Selber lesen.

PS: Ich hatte übrigens schon vor Wochen die Faxen dicke und ziehe nun um, wahrscheinlich zu Simyo. Mein Telefonierverhalten kostet dort noch nicht einmal die Hälfte. "Rufnummernmitnahme" und „Automatische Aufladung per Lastschriftverfahren“ heissen die Zauberworte, das gibt es so wohl nur dort. Achtung: Ein normaler Zweijahres-Vertrag bei T-Mobile hat gewöhnlich eine dreimonatige Kündigungsfrist. Bei mir hat ein formloses Kündigungsschreiben (mit Unterschrift eingescannt und an servicecenter.gk@t-mobile.de geschickt) ausgereicht, die schriftliche Bestätigung kam postwendend.