Dienstag, 31. Juli 2007

Sie müssen entschuldigen, ich kann das auf Deutsch nicht ausdrücken

Neulich habe ich während eines Vortrags für die Interkulturelle Sommerakademie der Uni Freiburg einmal versucht, mich angesichts der versammelten akademischen Elite einer gepflegten Ausdrucksweise zu befleißigen und ausschließlich deutsche Wörter zu verwenden. Um es gleich zuzugeben: Es hat nicht funktioniert. Schon bei der Vorstellung und ersten Beschreibungen meiner Arbeit kam ich ins Stocken. Gibt es ein deutsches Wort für Offshore Outsourcing ? Fernausland-Fremdvergabe ? Sollte ich ein Service Level Agreement wirklich als "Dienstgütevereinbarung" bezeichnen? Geben Sie mir 'ne Pause, wie der Amerikaner sagt.

Nun ist das ja kein spezifisch deutsches Phänomen, aber doch eines welches hierzulande wohl etwas problematischer eingestuft wird als anderswo: In der indischen Software-Welt ist dieselbe Entwicklung offenbar kein Problem: Man redet Englisch mit dem Kunden, Hindi untereinander, Punjabi mit den Kollegen aus dem anderen Team und Hinglish mit dem Chef (weil er die eigene Sprache nicht spricht). Nebenan ist Oriya zu hören, manche sprechen Bengali und das Personal in der Kantine schnattert auf Gujarati daher. Kein Mensch macht sich darüber Gedanken, der Austausch klappt wunderbar, alle fehlenden Worte werden flux aus dem Englischen übernommen, obwohl nur 0,2 Promille (!) der Inder Englisch als Muttersprache angeben. Auch auf Punjabi gibt es kein vernünftiges Wort für Service Level Agreement – und offshore outsourcing heißt in offenbar überall eben genau so (außer in den USA, wo man längst von "Global Sourcing" spricht, was in spätestens zwei Jahren auch hier üblich sein wird).

Also: Wir shortlisten weiterhin die Vendors in Asien und Osteuropa und sehen zu, daß die Kunden-Requirements verstanden werden. Wir reviewen Proposals, issuen Orders und managen die Delivery. Wenn die Minutes nicht geshared werden, sind wir nicht im Loop und eskalieren das über den Teamlead. Und wenn wir nach so viel Value Addition noch Zeit haben, denken wir über die Verdrängung der deutschen Sprache aus der globalen Wertschöpfung nach – aber wirklich nur dann. Theek hai ?

Ich wünsche allenthalben ein angenehmes Sommerloch !

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Nachtrag November: Auf einer Veranstaltung letzte Woche bewarb eine Offshore-Firma den Vorteil ihres deutschen Zwischenbüros mit folgendem, sagen wir mal, "Statement": "Ihre Project Charter wird auf Deutsch geschrieben"! Dem ist nichts hinzuzufügen...